29.07.2013

Physikalische Gedankensplitter beim Zuschauen der Schwimm-WM 2013 in Barcelona


Die 15. Schwimmweltmeisterschaften finden jetzt in Barcelona statt: ein gute Gelegenheit um einige einfache und kurze Überlegungen über die Physik beim Schwimmen anzustellen.

Schwimmen ist eine wunderschöne sportliche Aktivität, in der die Wechselwirkung des Sportlers mit dem Medium (Wasser) eine große Rolle spielt. Die physikalische Charakterisierung dieser Wechselwirkung lässt sich auf die Untersuchung folgender Aspekte reduzieren:
- der Auftrieb, der das Schwimmen ermöglicht und senkrecht zur Schwimmrichtung wirkt
- der Antrieb, der die Fortbewegung im Wasser bewirkt und den man durch geeignete Arm- und Beinbewegungen erreicht
- der Widerstand, der gegen die Schwimmrichtung des Körpers wirkt und folglich abbremst

DER AUFTRIEB
Jeder Mensch schafft es, dank dem statischen Auftrieb, an der Wasseroberfläche zu treiben. Sein Körper schwimmt, wenn die Gewichtskraft FG auf dem Körper genauso groß ist wie die Auftriebskraft FA, wobei sich ein Teil seines Körpers außerhalb des Wassers befindet. (Ein Körper schwebt, wenn FG=FA und der ganze Körper unter der Wasseroberfläche bleibt, und würde sinken, wenn FG>FA) Nach dem Archimedes Gesetz ist die Auftriebskraft FA gleich der Gewichtskraft der vom Körper verdrängten Wassermenge:
FA = D· V· g
[Dichte des Wassers mal Volumen der verdrängten Wassermenge (= Volumen des eingetauchten Körperteils) mal Erdanziehungskonstante]
Die Gewichtskraft, die nach unten wirkt, ist nach dem Kraftgesetz von Newton:
FG = m·g = D· V· g
[Dichte des Körpers mal Volumen des ganzen Körpers mal Erdanziehungskonstante]

Ausschlaggebend ist folglich die Dichte des Körpers. Ist die mittlere Körperdichte kleiner als die Dichte des Wassers (DSÜSSWASSER=1000kg/m3 ; DSALZWASSER ~1025kg/m3), dann wird er schwimmen und das erfüllt sich normalerweise beim menschlichen Körper, der eine mittlere Dichte von mehr oder weniger 970kg/m3 aufweist. SportlerInnen mit schweren Knochen und geringer Lungenkapazität haben allerdings größere Nachteile beim Schwimmen, weil sie stärker absinken wegen ihrer größeren Körperdichte (ein größerer Körperteil muss bei ihnen im Wasser eintauchen damit FG = FA ist).
Für eine optimales Nutzung des statischen Auftriebs und ein schnelles und langes Schwimmen ist außerdem die Lage des Körpers im Wasser ausschlaggebend. Zwei physikalische Angriffspunkte sind hier von Bedeutung: der Körperschwerpunkt (KSP) und der Volumenmittelpunkt (VMP).
Der KSP ist der Massenmittelpunkt des Körpers und der Angriffspunkt für die nach unten gerichtete Gewichtskraft FG. Er liegt immer über dem Unterstützungspunkt an dem man den Körper in Gleichgewicht halten kann (s. Bild unten) und befindet sich ungefähr beim Bauchnabel eines Menschen in gestreckter Haltung, mit an den Körper angelegte Arme, wegen der größeren Dichte bzw. Masse der Beine im Vergleich zu der der luftgefüllten Lunge.
Der VMP ist der geometrische Mittelpunkt des vom eingetauchten Körperteil verdrängten Wasservolumens (stimmt auf Grund der gleichmäßigen Wasserdichte mit dem Schwerpunkt des verdrängten Wasservolumens überein) und Angriffspunkt für den statischen Auftrieb FA. Er liegt auf Grund des voluminösen Brustkorbs etwa in Brusthöhe.


Wenn VMP und KSP nicht übereinander liegen (Fall a und b), ergibt sich ein Drehmoment und die Beine sinken demzufolge ab und der Körper hat die Tendenz zunehmend senkrecht in Wasser zu stehen, bis er schließlich in der senkrechten Position keinem Drehmoment mehr unterliegt (Fall c). Aber man schwimmt sehr schlecht voran, wenn die Beine tief im Wasser hängen! Sie erhöhen so den Wasserwiderstand!
Um das Absinken der Beine zu vermeiden, empfiehlt es sich beim Schwimmen mit dem Bauch
und nicht mit der Brust zu atmen, damit sich der VMP dem KSP nähert. Und wenn man auf dem Rücken schwimmt, kann man den Kopf im Wasser lassen und die Arme weit über den Kopf strecken, damit der KSP sich in Richtung VMP verschiebt (s. Fall d in Abbildung), so dass sie fast übereinander liegen und der Drehmoment folglich nahezu verschwindet.

ANTRIEB UND WIDERSTAND
Um sich fortzubewegen, muss der Sportler sich vom Wasser abstoßen: er muss eine Kraft auf das Wasser ausüben, um durch die Rückkraft des Wassers auf ihn (reactio des dritten newtonschen Gesetzes) einen entsprechenden Vortrieb zu erreichen. Das erreicht er durch geeignete Arm- und Beinbewegungen, die einerseits den größtmöglichen Vortrieb und anderseits den kleinstmöglichen Widerstand erzeugen. Beim Brustschwimmen zum Beispiel muss er dafür sorgen, dass die Kraftwirkung auf das Wasser möglichst groß ist, wenn er die Arme nach hinten bewegt, und möglichst klein, wenn er sie für den nächsten Schwimmzug nach vorn zurückholt.
Arm- und Beinbewegungen beim Brustschwimmen
Das erreicht er im ersten Fall, indem er die Handflächen quer zur Fortbewegungsrichtung aufstellt, ihnen dabei eine löffelartige Form verleiht und sie schnell nach hinten stößt. Bei der Rückführung verfährt er so, dass die Arm- und Hand-Querschnittfläche (bzw. Stirnfläche des Körpers) möglischst klein bleibt, damit die Widerstandskraft auch gering ist.
Körperhaltung zur Minimierung des Widerstands bei der Streckphase
Zur Verringerung des Wasserwiderstands, der gegen die Fortbewegung des menschlichen Körpers im Wasser wirkt, muss man eigentlich verschiedene Gegenmaßnahmen nehmen, je nach Widerstandsform:
Der Reibungswiderstand hängt von der Oberflächenstruktur ab und entsteht dadurch, dass an der Haut des Schwimmers Wasserpartikel ein gewisses Stück mitgezogen werden. Er wird daher mit der Benützung von Badekappe bzw. durch Rasur der Kopfhaare, reibungsarme Schwimmanzüge und sogar Rasur der Körperhaare vermindert.
Der Form- und Strömungswiderstand, der von der Körperform und den Wasserverwirbelungen im Nachlauf abhängt, ensteht dadurch, dass Wasserpartikel gegen die Schwimmrichtung bewegt werden und daher auf den Schwimmer bremsend wirken. Er wird durch die geeignete Schwimmbewegungen und richtige Körperlage im Wasser verringert. 
Durch geeignete Schwimmbewegungen werden allerdings auch hydrodynamische Effekte hervorrufen, die die Fortbewegung beim Schwimmen erleichtern.


Mehr zum Thema:
Auftrieb und Auftriebskraft. Schülerlexikon.de
Biomechanik im Sporttheorieunterricht: Der Schwerpunkt, seine Bedeutung und Bestimmumg der Lage des Schwerpunkts. Dr. Martin Hillebrecht. (pdf-Dokument)
- Biomechanik des Schwimmens - e-booklet U. Basel

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